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/ Rückblick: Festival 2005
„Weißgerber“-Festival, 06. und 08. März 2005 in Berlin
In
Berlin fanden, wie auch schon im letzten Jahr, zwei Konzerte und eine
Ausstellung statt, die dem Markneukirchner Gitarrenbauer Richard Jacob
gewidmet waren. Der „Alte Ballsaal“ in Berlin Friedrichshagen war der Ort an
dem das Festival mit einer Instrumentenausstellung eröffnet wurde. Mit viel
Aufwand war eine große Sammlung von Instrumenten zusammengetragen worden.
Neben knapp 20 „Weißgerber“ - Gitarren von Richard Jacob waren auch 3
Gitarren seines Sohnes Martin ausgestellt, außerdem je ein Instrument von
Johann Georg Staufer (Wien um 1840) und Hermann Hauser I. von 1921. Die
beiden letztgenannten Gitarren gehören zu der Gruppe der „Wiener Modelle“,
die das Thema des Abends waren.
Wien
war ab der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eines der europäischen
Zentren, was die Gitarre betraf. Alle wichtigen Gitarristen und Komponisten
- und nicht nur die für Gitarre! - dieser Epoche lebten und wirkten
zeitweise in Wien. Das wiederum belebte den Gitarrenbau, der durch
innovative Handwerker wie Johann Anton und Johann Georg Staufer weltweite
Bedeutung erlangte. Viele Handwerksgesellen - jeder Geselle musste damals
einige Zeit auf die „Walz“ - arbeiteten in der Stauferschen Werkstatt und
trugen ihr Wissen weiter. (Auch C. F. Martin, heute weltberühmt für seine
Westerngitarren hatte dort gearbeitet, bevor er nach Amerika auswanderte.)
Der Einfluss den der Wiener - auf den
deutschen
Gitarrenbau hatte ist nicht hoch genug einzuschätzen. Die in Wien um die
Mitte des 19. Jahrhunderts gebauten Gitarren wurden das Vorbild für die
später in Deutschland gebauten – und zeitweise sehr populären - Wiener
Modelle. Richard Jacob Weißgerber sah sich selbst in direkter Wiener
Tradition: über seinen Vater Karl August und dessen Lehrmeister Paulus, der
selbst in Staufers Werkstätte gearbeitet hatte. Er baute hauptsächlich in
dieser Art, bevor er sich dem Bau „spanischer“ Gitarren zuwandte.
Eine
Führung durch die Ausstellung, bei der jedes Instrument einzeln erläutert
und angespielt wurde, verdeutlichte solche Zusammenhänge und zeigten die
Vielfalt des Jacob – Werkes. Auch die Arbeiten Martin Jacobs wurden
gewürdigt. Dieser hat sich nach dem Tode seines Vaters ganz der Aufgabe
gewidmet die Weißgerber - Tradition zu bewahren und fortzuführen. Die drei
von ihm gebauten und hier gezeigten Gitarren zeugten von der
instrumentenbaulichen Meisterschaft des oft unterschätzten Weißgerber -
Erben.
Abends dann das Konzert mit Jens Wagner. Der in Bremen lebende Musiker
der sich mit dem „Duo Sonare“ – zusammen mit Thomas Offermann – einen
weltweiten Ruf erspielt hat, trat hier als Solokünstler auf. Jens Wagner
spielte ein grandioses Konzert, in dem die vier verwendeten Instrumente und
die Musik fein aufeinander abgestimmt waren.
Mit
seiner Spielfreude, viel Phantasie und Liebe zum Detail wurde die Musik
lebendig und zu einem sinnlichen Erlebnis. Der Titel des Konzertes „Féerique“
war Programm: Geschichten von Feen und Elfen, zauberhafte Klänge,
überraschende Wendungen, fantastische Klänge - eine Gegenüberstellung
klassisch-romantischer Musik und Werken des Impressionismus. Das
Eröffnungsstück „La Ronde des Fées“ von Marco Aurelio Zani de Ferranti und
Adam Falkenhagens zauberhafte spätbarocke Sonate spielte Jens Wagner auf dem
kleinen Wiener Modell, das Richard Jacob 1921 gebaut hat. Für die
musikalische Elfenjagd „La Chasse des Sylphes” von Napoleon Coste nutzte er
das historische Vorbild – ein original Wiener Instrument Johann Georg
Staufers (Legnani-Modell um 1840).
Im
zweiten Teil erklangen die Sonata No. III von Manuel M. Ponce, eine von Jens
Wagner zusammengestellte “Suite Francese” (Poulenc, Milhaud, Debussy und
Castelnuovo-Tedesco) und 2 Stücke von Annibal Augusto Sardinha “Garoto” (Debussyana
und Desvairada - Valsa). Jens Wagner nutzte auch hier die Klangmöglichkeiten
der Weißgerber - Instrumente voll aus. (Wiener Konzertmodell mit Hohlkehle
von 1945 und Münchner Modell von 1925.) Diese Art von Instrumenten -
einerseits fast vergessenen, andererseits von der historischen
Aufführungspraxis noch nicht wiederentdeckt – verdienen es durchaus in
Konzerten gespielt zu werden. Eine sehr feine trotzdem expressive Klangwelt,
die der spanischen Gitarre keine Konkurrenz macht, eröffnete sich hier. Jens
Wagners virtuoses und tiefgründiges Spiel aber bewies, dass diese
Instrumente ganz zu Unrecht fast völlig aus dem musikalischen Leben
verschwunden sind. Nach zwei Zugaben, unter anderem der starken
Eigenkomposition “Pada” (polnisch – es regnet; - “Wann machen Sie eigentlich
eine CD mit Ihren eigenen Kompositionen Herr Wagner?”) verabschiedete ihn
das Publikum frenetisch.
Das
zweite Konzert fand am 8. März im Gitarrengeschäft Wolf & Lehmann in Berlin
Mitte statt. Thema war das von Richard Jacob in den 40er Jahren entworfene
und in verschiedenen Ausführungen gebaute Modell “STRAD”. Bernd Romahn,
Hans-Michael Koch und Christof Hanusch stellten 3 verschiedene Instrumente
vor. Ein abwechslungsreiches Programm, das von klassisch-romantischer Musik
bis hin zu populärem (“Take Five”) reichte, wurde durch die Mitwirkung der
Mezzosopranistin Christine Lichtenberg abgerundet.
Mehr zu diesen Veranstaltungen sowie Informationen über geplante
Aktivitäten in Sachen “Weißgerber” unter:
www.richardjacob-weissgerber.de
Christof Hanusch, März 2005
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